Das schwarze Auge
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Es wird Zeit, Farids Geschichte

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Beitrag von deru So Feb 09, 2014 12:46 pm

Ich glaube wir haben einiges zusammen durchgemacht und können uns gegenseitig vertrauen, deswegen möchte ich beginnen euch etwas zu erzählen:

Beginnen möchte ich diese Geschichte in der Stadt, in der ich aufgewachsen bin. Sie heißt Selem und liegt im Reich der Tulamiden. Selem war vor vielen Jahren eine mächtige und reiche Handelsstadt gewesen. Sie liegt nahe am Selemgrund, der ein Teil des Perlenmeeres ist. In meiner Jugend habe ich viele wundersame Geschichten über diese, vom Diamantenhandel geprägte Stadt gehört. Täglich wurden Feste gefeiert und die Sklaven lebten zu dieser Zeit so gut, wie jeder durchschnittliche Mann aus dem heutigen Selem. Man sagt, dass in dieser Stadt die Dekadenz erfunden wurde.

Doch all dies ist lange her, nichts davon habe ich selbst erlebt und dennoch denke ich gerne an diese Geschichten. Wenn man heute durch die morastigen Straßen von Selem wandert, erinnert kaum mehr etwas an den Glanz und den Prunk von damals. Viele Jahre vor meiner Geburt ist ein Meteor in den Selemgrund eingeschlagen, so sagt man jedenfalls. Eine gigantische Flutwelle begrub den Großteil der Stadt unter sich und brachte Tod und Zerstörung über die einst prächtige Stadt. Viele der Überlebenden flüchteten aus der Stadt ins Landesinnere. So ist heute nur noch etwa ein Zehntel der ursprünglichen Fläche von Selem bewohnt, und auch dieser Teil recht spärlich. Schon von Weitem kann man den modrigen Geruch der Fäulnis wahrnehmen, der über dem, teilweise immer noch Überfluteten Land liegt. Auch die tiefer gelegenen Teile der Stadt stehen noch immer unter Wasser, hier ist der Geruch, nach Fisch und moderndem Holz, am schlimmsten. Das heiße Klima in Kombination mit der Feuchtigkeit bietet den idealen Nährboden für Ungeziefer und Krankheiten.

Im noch bewohnten Teil von Selem gibt es viele einflussreiche kriminelle Banden und mit diesen beginnt meine Geschichte. Mein Vater war Gardist. Er hat, im Auftrag des Sultan und zusammen mit etwa dreißig anderen Soldaten dafür gesorgt, dass die Banden hier nicht die Oberhand gewinnen. Das war keine leichte Aufgabe, denn die Kriminellen waren gut organisiert und zahlreich. Abgesehen von Einbruch und Taschendiebstahl stand auch Mord beinahe auf der Tagesordnung. Erwischt hat man nur die wenigsten der Verbrecher und auch wenn sie vor Gericht gebracht wurden, konnten sie oft wegen Falschaussagen und zu geringer Beweislast einen Freispruch erwirken. Mein Vater hat immer wieder zu mir gesagt: „Die haben bestimmt einen oder zwei Richter auf ihrer Gehaltsliste.“, das konnte aber nie bewiesen werden. Die Gardisten konnten nie einen der Hintermänner überführen. Wenn sie jemanden in Verdacht hatten verschwanden entweder die Beweise, oder die Person wurde nie wieder gesehen. Mein Vater war wütend auf dieses korrupte System und nutze jede Gelegenheit dies zum Ausdruck zu bringen.

Als ich 9 Jahre alt wurde, begann meine Ausbildung zum Gardisten. Ich wollte in die Fußstapfen meines Vaters treten und in der Stadt für Ordnung sorgen. Außer mir waren zur gleichen Zeit noch zwei weitere Rekruten in Ausbildung. Mit mir trainierte Abdul ben Omar, ein großer, kräftiger Bursche, der ebenfalls der Sohn eines Gardisten war. Er war ein bisschen älter als ich und um einiges stärker gebaut. Bei unseren Kampfübungen hat er mich meistens ohne erbarmen verdroschen. Besonders viel habe ich in dieser Ausbildung nicht gelernt und lange hat sie auch nicht gedauert, denn nach ein paar Monaten wurden wir eingeteilt, gemeinsam mit den fertig ausgebildeten Gardisten auf Patrouille zu gehen. Ich glaube es muss so in etwa das siebte mal gewesen sein, dass ich, zum zuschauen, ausgerückt wurde. Wir waren zu dritt unterwegs, mein Vater, ein Mann namens Umran und ich. Wir waren gerade auf dem Weg ins Hafenviertel. Es war um die mittags zeit, und die Sonne brannte auf unsere Köpfe. Den ganzen Vormittag lang war uns absolut nichts auch nur ansatzweise außergewöhnliches aufgefallen und auch jetzt konnte man nichts entdecken. Die Straßen waren verdreckt und es waren kaum Menschen zu sehen. Gerade als ich dachte, dass wir in unserer Schicht wohl nichts mehr erleben würden, flüsterte mein Vater, ohne dabei stehen zu bleiben, oder seinen Blick zu wenden: „Linke Seitengasse, Baschur, er gehört zu den kara Karga.“. Letzteres hätte er nicht dazu sagen müssen. Hinter Bashur waren die Gardisten schon seit Wochen her. Die kara Karga, was soviel wie „die schwarzen Raben“ heißt, waren die größte der Verbrecherbanden von Selem. Bashur wurde von mehreren kleinen Mitgliedern, nach ausführlicher Befragung, als ihr direkter Vorgesetzter genannt. Kaum hatte mein Vater ausgesprochen, sprintete er los. Umran war kaum eine Sekunde nach ihm hinterher gestürmt. Ich selbst blieb für einen Moment wie angewurzelt stehen, bevor ich Umran eilig folgte. Bashur bemerkte uns sofort und begann in die Seitengasse zu laufen. Hier waren noch weniger Leute als auf der Hauptstraße, doch es lagen mehr Trümmer, vor allem verfallene Holzbretter und Müll, im Weg. Die drei Männer waren bald etwa 20 Schritt vor mir, ich konnte nicht mit ihnen mithalten. Doch Bashur schien es nicht allzu eilig zu haben. Kurz vor der ersten Abzweigung drehte er sich um und zog einen kleinen Dolch. Mein Vater riss seinen Säbel aus dem Gürtel und brüllte Bashur an. Was genau er rief weiß ich leider nicht mehr, aber ich kann mich noch gut an das zufriedene Lächeln auf Bashurs Gesicht erinnern. Umran war nur noch einen halben Schritt hinter meinem Vater und hielt ebenfalls einen Säbel, den er jedoch mit beiden Händen führte. Gleichzeitig holten die beiden Gardisten zum Schlag aus. Doch Umran zielte nicht auf Bashur. Der wuchtige Schlag seines Säbels traf meinen Vater am Rücken. Zusätzlich zum metallischen Scheppern des Kettenhemds war ein lautes Knacksen zu hören. Ich selbst strauchelte vor Entsetzen im Lauf und viel der Länge nach zu Boden. Verräter! Mein Vater verlor durch den Angriff das Gleichgewicht und so ging sein Schlag an Bashur vorbei ins Leere. Dieser warf sich gegen meinen Vater und sein Dolch bohrte sich in seinen Oberschenkel. Abermals musste er sein Gleichgewicht suchen und als er den zweiten Schlag von Umran mit Mühe parierte verlor er dieses endgültig. Er stürzte zu rücklings zuerst gegen die Mauer eines Hauses und dann zu Boden. Seinen Säbel hatte er bei der letzten Parade ebenfalls aus der Hand verloren. Dieser lag nun etwa einen Schritt entfernt neben ihm. Als Bashur mit seinem Dolch wieder über ihm war verpasste mein Vater ihm einen Schlag ins Gesicht, der zwar nicht sehr kräftig war, aber seinen Angreifer zurücktaumeln ließ. Umran wollte den Kampf beenden und holte zu einem finalen Schlag aus. Die Klinge bohrte sich tief in die Brust meines Vaters und er verlor das Bewusstsein. Der Kampf war rasend schnell vorbei und Bashur, dessen Nase leicht blutete nickte Umran kurz zu bevor er in der Gasse verschwand. Ich lag immer noch an der Stelle, an der ich hingefallen war. Die Kleidung meines Vaters färbte sich rot.

Fortsetzung folgt sobald ich wieder Zeit hab

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Beitrag von deru Di Apr 29, 2014 6:52 pm

Ich wollte den verlogenen Mistkerl umbringen! Er starrte wie gebannt auf meinen Vater. Wenige Momente nur denn dann war ich bei ihm angekommen und warf mich mit aller Kraft, die ich in meiner Verzweiflung aufbringen konnte gegen den Verräter. Dieser hatte zuerst gar nicht mitbekommen dass ich auf ihn zugerannt war und so wäre er beinahe rücklings auf dem Boden gelandet, doch ich war viel kleiner als der Gardist. Als nächstes spürte ich einen harten Schlag auf den Kopf und die Welt um mich herum wurde schwarz.

Als ich erwachte, bemerkte ich zuerst die starken Kopfschmerzen. Setzte mich ruckartig auf. Das war scheinbar ein Fehler, denn mir wurde schlagartig schlecht und schwindlig. Vor meinen Augen flimmerten kleine grüne Punkte. „Immer mit der Ruhe, bleib noch etwas liegen.“, hörte ich die Stimme eines jungen Mannes und ein paar Sekunden später wurde ich unsanft nach hinten gedrückt. Ich schloss die Augen nochmal um sie anschließend erneut zu öffnen. Ich lag auf einem Feldbett und ein Verband drückte auf meinen Kopf. Vor mir stand ein Mann den ich nach kurzem als Timor erkannte. Er war einer der Männer die die Krankenstation betreuten. „Gut geschlafen der Herr?“, fragte er spöttisch. Krankenstation? Nun viel mir wieder ein warum ich hier war. Abermals wollte ich mich aufsetzen, doch diesmal wurde ich schon bevor ich mich aufgerichtet hatte, wieder auf das Bett gedrückt: „Liegen bleiben habe ich gesagt! Du warst lange bewusstlos, versuch lieber noch ein paar Stunden zu schlafen.“. Ich antwortete: „Aber Umran hat“ und wurde prompt unterbrochen: „Ja Umran hat dir das Leben gerettet, doch für deinen Vater kam leider jede Hilfe zu spät. Du wirst später immer noch Gelegenheit haben ihm zu danken.“. „Nein Umran hat mich nicht gerettet! Er ist ein Verräter! Er hat meinen Vater getötet!“, schrie ich Timor an. Dieser zog zuerst verwundert eine Augenbraue hoch, dann musste er schmunzeln: „Um deinen Kopf ist es wohl doch schlimmer bestellt als ich dachte! Aber keine Sorge, bald kehren die Erinnerungen zurück.“. Verständnislos blickte ich ihn an: „Nein, ich sage doch er hat meinen Vater umgebracht. Das weiß ich genau!“. Jetzt lachte der Wundarzt wirklich: „Und den Schlag auf den Kopf hast du von einem Riesenaffen bekommen, ich verstehe schon.“. „Was? Nein das war auch Umran! Er hat“ wieder wurde ich unterbrochen: „Oha, ich hätte dir wohl doch weniger von dem Schmerzmittel geben sollen. Tut mir wirklich Leid, ich behandle selten Kinder und habe die Dosis wohl falsch eingeschätzt. Schlaf ein bisschen, bald geht es dir besser.“.„Du verstehst nicht! Ich“, doch ich wurde zum dritten mal unterbrochen: „Schluss jetzt! Es ist spät, reden wir morgen früh weiter.“ und mit diesen Worten drehte Timor sich um und ging aus dem Zimmer. Es war wirklich spät. Auf der gegenüberliegenden Seite des Feldbetts war ein großes Fenster, doch man konnte nichts außer Dunkelheit erkennen. Es war trotzdem nicht dunkel in dem Raum, denn von der Decke hingen mehrere Laternen. Ich war wohl der einzige Patient, denn die anderen drei Betten waren leer. Meine Gedanken rasten von Umran zu meinem Vater und zu Bashur, der so zufrieden gegrinst hatte. Was hatte Umran den anderen erzählt? Und hatte man ihm die Geschichte geglaubt? Irgendwann fielen mir die Augen zu.Vorsichtig setzte ich mich im Bett auf. Die Kopfschmerzen waren deutlich zurückgegangen und mir wurde nicht übel. Übertreiben wollte ich es trotzdem nicht und so blieb ich sitzen, bis Timor wenig später ins Zimmer kam. Bei sich hatte er eine Schale mit kalter Brühe und ein Stück Brot. Als er sah dass ich schon wach war sprach er lächelnd: „Einen guten Morgen! Na, kannst du dich heute schon klarer an den Überfall erinnern?“. Überfall? Das war ein sehr unpassendes Wort für die Begegnung mit Bashur. „Ich bin bei klaren Verstand. Umran hat meinen Vater erschlagen! Du musst mir glauben!“, antwortete ich ihm. Nun verdüsterte sich Timors Gesicht etwas: „Ist dir klar was du da sagst? Du beschuldigst den Mann der dir das Leben gerettet hat des Mordes und Verrats! Lass doch erst mal deinen Kopf klar werden bevor du weiter Unsinn redest. Ich komme heute Mittag nochmal vorbei, wenn du es dann noch immer ernst meinst solltest du eine Aussage bei Dschadir machen.“. Er drückte mir die Schale und das Brot in die Hand und verschwand wieder. Dschadir al'Ahjan war der Hauptmann dieser Garnison. Vermutlich wäre es wirklich das Beste mit ihm persönlich zu sprechen.
Zur Mittagsstunde kam Timor begleitet von einem anderen Gardisten zurück. „Möchtest du deine Anschuldigungen gegen Umran widerrufen?“, fragte Timor ohne Umschweife. Ich schüttelte den Kopf: „Nein, bring mich zu Dschadir.“. „Wie du willst.“ meinte Timor und die Beiden begleiteten mich bis in die Dschadirs Schreibzimmer. Diesem war anscheinend schon berichtet worden, denn er wirkte keineswegs überrascht als wir eintraten. Einen Moment später bemerkte ich auch, dass Umran bereits in der hinteren Ecke des Raumes wartete. „Ich grüße euch Dschadir al'Ahjan.“, sagte ich mit einer angedeuteten Verbeugung. „Ihr seit wohl Farid, der Knabe der seinen eigenen Retter des Verrats bezichtigt. Was habt ihr zu sagen?“, sprach der Hauptmann. „Von einem Retter kann hier nicht die Rede sein, dieser Mann hat meinen Vater kaltblütig ermordet! Er ist ein Verräter und muss bestraft werden!“, bei diesen Worten sah ich Umran an, der neben mich getreten war. Jetzt bemerkte ich, dass sein linker Arm verbunden war und in einer Schlinge lag. „Nur mit der Ruhe, erzähle uns allen doch mal die ganze Geschichte.“, bat der Hauptmann. So erzählte ich, in knappen Worten, was passiert war. Während ich erzählte war es ruhig im Zimmer. Als ich ausgesprochen hatte meinte Dschadir: „Nun das ist zwar eine nette Geschichte, aber wie erklärst du dir Umrans Wunde an der linken Hand und sein fehlendes Ohr?“. Umran sah mich direkt an und erst jetzt bemerkte ich, dass sein linkes Ohr abgetrennt worden war. „Ähm“, stockte ich. „Du hast einen starken Schlag auf den Kopf bekommen, und warst lange ohne Bewusstsein, vermutlich verdrehst du deswegen so einiges. Ihr drei wart gemeinsam auf einem Rundgang als ihr von Bashurs Männern überfallen wurdet. Deinen Vater haben die Banditen erwischt und Umrans mutigen Einsatz ist es zu verdanken, dass ihr zwei noch am Leben seit. Die Verletzungen von Umran bestätigen ihn und widerlegen deine kleine Geschichte.“, meinte Dschadir. „Vielleicht hat er sich die Verletzungen selbst zugefügt!“ meinte ich trotzig. Nun stand Dschadir erbost auf: „Genug von dem Unfug! Wenn du deine erlogene Aussage nicht widerrufen willst, werde ich deine Ausbildung hier abbrechen.“. „Aber es ist die Wahrheit!“, entgegnete ich. Der Hauptmann blickte kurz zu Umran, dann zu der Wache die noch hinter mir stand und ich wurde aus dem Raum und bis auf die Straße begleitet.

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